Klage in der WEG: Sie mit Ihrem Klagen kosten nur unser Geld

Sollte in Ihrer Jahresabrechnung die Position „Rechtsanwaltsgebühren“ auftauchen, dann gab es in Ihrer Eigentümergemeinschaft einen Rechtsstreit. Diesen hat die WEG als Verband ganz oder teilweise verloren.

Hintergrund:

Auf der Eigentümerversammlung am 27.10.2016 beschlossen die Eigentümer mehrheitlich folgende Tagesordnungspunkte:

a) Rückwirkende Lohnerhöhung des Hausmeisters ab dem 01.01.2010 und

b) Genehmigung der Rückbuchung der gezahlten Hausgeldzahlung durch die Hausverwaltung.

Ein Eigentümer erhob am 18.11.2016 über seinen Rechtsanwalt gegen diese beiden Beschlüsse eine Anfechtungsklage. Diese erfolgte fristgerecht binnen eines Monats nach der Eigentümerversammlung (vgl. § WEG).

Die Begründung wurde am 19.12.2016 durch den Anwalt nachgereicht. Auch dies erfolgte fristgerecht.

Am 25.01.2017 erging ein Versäumnisurteil durch das zuständige Gericht. Ursache war, dass die WEG-Verwaltung auf diese Anfechtungsklage nicht reagierte. Erst danach wurde seitens der WEG ein Rechtsanwalt beauftragt, der am 31.01.2017 Einspruch gegen das obige Versäumnisurteil einlegte.

Dieser Einspruch wurde drei Monate später in einer mündlichen Gerichtsverhandlung zurückgezogen.

Die Kosten belaufen sich auf rund EUR 1.500,00, wovon rund EUR 737,00 dem Kläger zu erstatten sind. Diese Zahlung erfolgte durch die WEG bzw. durch die WEG-Verwaltung bislang nicht. Die Gründe hierfür sind unbekannt.

Da der gerichtlich festgesetzte Termin überschritten wurde, drohen der Eigentümergemeinschaft Zwangsvollstreckungsmaßnahmen. Allein die „Erinnerung“ des Rechtsanwaltes führt zu weiteren Kosten für die Wohnungseigentümergemeinschaft von rund EUR 40,00.

Die Atmosphäre in dieser WEG ist nun ziemlich angespannt / belastet.

 

Was lief schief:

1. Ungeklärt ist,

  • ob die beklagten Eigentümer durch die WEG-Verwaltung über das anstehende Verfahren informiert wurden,
  • warum die WEG-Verwaltung zeitnah keinen Rechtsanwalt eingeschaltet hat bzw. selbst auf die Klagezustellung geantwortet hat oder
  • warum die WEG-Verwaltung keinen Kontakt zu dem Gericht gesucht hat, um möglicherweise eine Fristverlängerung zu erreichen.

 

Letztlich hat die WEG-Verwaltung durch ihr Nicht-Handeln bzw. die „Vogel Strauß-Politik“ das Versäumnisurteil herbeigeführt.

2. Auch der Schritt, Einspruch gegen das Versäumnisurteil – ohne erkennbaren Grund - durch einen Rechtsanwalt einzulegen, führt zu höheren Kosten für die Eigentümer. Offen ist, ob die WEG-Verwaltung überhaupt zu diesem rechtlichen Schritt berechtigt war.

3. Da die Kosten des Klägers von rund EUR 737,00 nicht fristgerecht bezahlt wurden, entstehen weitere Kosten, die die Eigentümergemeinschaft auch zu zahlen hat.

4. Sollte dieser Betrag nicht kurzfristig ausgeglichen werden, stehen der Eigentümergemeinschaft Zwangsvollstreckungsmaßnahme ins Haus.

 

Am Beispiel a) „Rückwirkende Lohnerhöhung des Hausmeisters ab dem 01.01.2010“ werden die unterschiedlichen Sichtweisen der Beteiligten betrachtet.

 

Aus der Sicht des Klägers:

Der Hausmeister soll rückwirkend seit dem 01.01.2010 mehr Gehalt bekommen. Dieser Gedanke wurde in der Vergangenheit mal diskutiert. Aber es gab dazu keinen Beschluss.

Vom 01.01.2010 bis zum 31.10.2017 sind es 6 Jahre und 10 Monate. Also hätte sich die rückwirkende Gehaltserhöhung auf einen Zeitraum von 70 Monate bezogen.

Die Höhe der Gehaltserhöhung war in der Vergangenheit mal diskutiert worden. Aus steuerrechtlichen Gründen sollten es EUR 50,00 pro Monat sein. Damit entsteht eine Nachforderung von EUR 3.500,0 (70 Monate á EUR 50,00).

Für diese 70 Monate hätten dann auch die Sozialversicherungsabgaben nachgezahlt werden müssen. Der monatliche Nachzahlungsbetrag wurde überschlägig mit EUR 17,00 ermittelt. Die rückwirkenden Kosten betragen in dieser Berechnung EUR 1.190,00.

Die verjährten Ansprüche bis zum 31.12.2012 sind noch abzuziehen.

Fazit:

Wäre dieser Beschluss nicht angefochten worden, hätte die Eigentümergemeinschaft die Gesamtkosten von EUR 4.690,00 für die Zeit vom 01.01.2010 bis 31.10.2017 finanzieren müssen.

 

Aus der Sicht der beklagten Eigentümer:

Die angefallenen Prozesskosten von rund EUR 1.500,00 verteilen sich bei z.B. 15 Einheiten rechnerisch auf EUR 100,00 jede Einheit. Bei nur 5 angenommenen Einheiten sind es schon EUR 300,00 pro Einheit.

Dies tut im Portemonnaie schon weh. Dies wäre schon ein tolles Abendessen mit der Familie.

Und dies ärgert irgendwie jeden Eigentümer. Insbesondere, wenn man als Eigentümer möglicherweise erst aus der Jahresabrechnung von einer (verlorenen) Klage erfährt.

Insgesamt wäre die rückwirkende Gehaltserhöhung für den Hausmeister teurer gewesen (bei 15 Einheiten: EUR 312,66 bzw. bei 5 Einheiten: EUR 938,00).

Wieso müssen die beklagten Eigentümer diese Prozesskosten von rund EUR 1.500,00 tragen?

 

  • weil es mehrheitlich keinen Ablehnungsbeschluss gegeben hat.

 

Nicht jede Beschlussvorlage der WEG-Verwaltung ist sinnig. Eine kritische Haltung wäre grundsätzlich angebracht.

 

Aus der Sicht der WEG-Verwaltung:

Ich mache doch nur Vorschläge. Mir ist doch egal, was die Eigentümer beschließen.

Ich hoffe nur, dass die Eigentümer nicht beschließen wollen, mich für die Prozesskosten in Regress nehmen zu wollen. Eine Schadensersatzzahlung würde ja meinen Geldbeutel belasten.

Solange ich Verwalter bin, bekomme ich dies schon irgendwie abgebogen.

Sollte es einen neuen Verwalter geben, dann muss ich mal sehen. Irgendeine Lösung gibt es schon. Ich muss nur die Verjährungsfrist überstehen.

 

Fazit:

Die Eigentümer beschließen über die Vorlagen, die meist die WEG-Verwaltung auf die Tagesordnung bringt. Die Eigentümer sollten sich nicht nur auf die (vermeintliche) Kompetenz ihrer WEG-Verwaltung verlassen, sondern auch ihren eigenen Kopf und Bauch gebrauchen. Ein schnelles JA-Sagen kann Extra-Geld kosten. Eine NEIN-Entscheidung sollte stets dann erfolgen, wenn ein Eigentümer von einem Tagesordnungspunkt nicht überzeugt ist. Im Zweifelsfall: Nein.

Der Kläger hat jeden beklagten Eigentümer - trotz der Klagekosten - letztlich Geld erspart:

 

  • bei der 15er Gemeinschaft EUR 212,66 bzw.
  • bei der 5er Anlage EUR 638,00.

 

Die Aussage „Sie mit Ihrem Klagen kosten nur unser Geld“ ist einfach falsch. Besser wäre es gewesen, wenn alle beklagten Eigentümer dem Kläger ein herzliches Danke Schön entgegenschmettern würden.

 

13.07.2017 - Dieter Walinski

zuletzt geändert am 26.07.2017